Die Villa-Lichtwark

        22397 Hamburg-Duvenstedt, Specksaalredder 2

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Gutachten der Kulturbehörde Hamburg vom 28.04.1995

 

Auf einer sich beträchtlich über die Flussniederung der Alster erhebenden Uferterrasse des westlichen Alsterufers in Duvenstedt steht das Wohnhaus.

 

Paul Lichtwark und Alfred Lichtwark, erster Direktor der Hamburger Kunsthalle, waren Cousins. Ihre Väter waren Brüder.

Das Gartengrundstück nordwestlich des Hauses zeigt noch Reste des alten Bauerngartens ( alte Buchsbaumhecke, alte Kastanie, Obstbäume ). Das Grundstück liegt in Ecklage an der Einmündung des Specksaalredders in den Duvenstedter Damm, in unmittelbarer Nähe des Alsterübergangs ( Einmündung des Duvenstedter Triftweges ) und bietet sich in seiner beherrschenden Position besonders dem vom Süden Kommenden als Blickpunkt.

Das Gebäude selbst, Baujahr um 1900 *( 1884 )* , ein eingeschossiger, traufständiger verputzter Backsteinbau mit Zwerchhaus, folgt einem im ländlichen Bereich gängigen Bautyp, wie er vielerorts zu finden ist. Man würde hier auf dem Dorfe eigentlich einen Backsteinrohbau erwarten. Ich interpretiere den Putz als Versuch, eine städtische Gepflogenheit beim Villenbau als repräsentative Bauweise für den ländlichen bereich aufzunehmen. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass statt Mörtel Lehm verwendet wurde. Dieses Material in der angegebenen Verwendung entspricht einem für die Bauzeit altertümlichen, im 19.Jahrhundert auch in der Stadt verbreiteten Usus. Zu den repräsentativen Elementen passt die dem Eingang vorgelagerte Freitreppe, deren Stufenbreite nach unten zunimmt und deren Treppenwangen " barock " ausschwingen. Dieses Element ist später durch einen Altan über dem Haupteingang ergänzt worden, zu dem ein Zugang aus dem Zwerghaus des Dachbereiches geschaffen wurde. Die Holzteile des Altans sind inzwischen abgebaut und im Garten gelagert. Die Endpunkte der Treppenwangen wurden mit Kugeln besetzt. Der Bau ist sparsam dekoriert, Schmuckelemente sind ein Gesims sowie jeweils zwei Rauputzfelder am Drempel. Man wird diese als Elemente des Jugendstils auffassen dürfen, die ebenfalls einen Hauch von städtischer Repräsentation andeuten.

 

Die Innenwände sind aus Fachwerk, die Ausfachungen mit Lehm aufgemauert, mit Reet bedeckt und verputzt. Das Dach ist in zeitüblicher Weise mit Schiefer gedeckt, die Giebel sind mit dem zeittypischen, im städtischen Wohnhausbau vielfach üblichen hölzernen Zierwerk im Sinne des " Schweizerhauses" des 19 Jahrhunderts geschmückt. Kleinere Veränderungen sind vor längerer Zeit durch das Zusetzen eines Fensters an der Ostseite entstanden. Sonst ist alles weitgehend im Ursprünglichen Zustand erhalten. Das Innere bestätigt diesen Eindruck. Ein Vorraum mit Treppe , diese mit Holzgeländer und gedrechselten docken, alles in einfacher Arbeit , wird von zwei Räumen der Erdgeschossen flankiert. Darin sind z.T. noch Holzvertäfelungen aus der Ursprungszeit erhalten.

 

Die Küche mit Ausgang zum Garten ( Windfang 9 weist den alten Herd mit den dazugehörigen Accessoires sowie einen originalen Fußbodenbelag mit den schwarzen und weißen Fliesen auf, die Wandfliesen mit dem ornamentalen Abschlussband sind vollständig erhalten.

Von der Küche gibt es einen Zugang zum Keller, der einen Teil des Hauses unterfängt. Das Obergeschoss enthält zwei Schlafräume, derzeit ungenutzt. Als Nebengebäude hat sich ein kleines Stallgebäude ( Schweinestall, Hühnerstall ) mit integriertem Abort erhalten, ein im Umkreis Hamburgs schon seltenes Beispiel, das so recht den ländlichen Charakter des Anwesens unterstricht. Dem entspricht übrigens die Tatsache, dass das Haus eine eigene Wasserversorgung ( Brunnen ) hat. Die Bausubstanz ist zwar angegriffen ( Altan abgängig, Risse , Putzabplatzungen im Erdreich, Anstrich der Fenster schadhaft, hölzernes Zierwerk beschädigt, Löcher im Dach, Mängel in der Regenwasserableitung ), im ganzen ist das Gebäude jedoch noch recht gesund. Es handelt sich um ein für das Ortsbild von Duvenstedt prägendes Bauwerk, das seinen historischen Charakter weitgehend bewahrt hat.

In seiner Architektur zeigt es die Abkehr von den bis ins frühe 19. Jahrhundert üblichen Bauformen- man vergleiche das gegenüberliegende ältere Reetdachhaus des Hotels Alsterau - und dokumentiert so den Einfluss der städtischen Architektur auf die ländlichen Bereiche. Insofern ist es ein charakteristisches Beispiel für das Bauen auf dem Lande im Weichbild der Großstadt noch vor dem Einsetzen des Heimatstiles, der gerade gegenläufig ländliches Bauen in die Stadt transportieren wollte. Die Bauweise mit den z. T. altertümlichen Materialien ist als Beleg für das Weiterleben von älteren Bautraditionen auf dem Lande zu werten.

 

Das Anwesen stellt eine Gesamtanlage dar. Konstituierende Teile sind das Gebäude, die Einfriedigungsmauer, die die Uferterrasse zum Straßenverlauf hin abstützt und das Gelände architektonisch herauspräpariert und damit die städtebauliche Erscheinung wesentlich mitbestimmt. Dazu gehört auch die in die Mauer eingelassene Treppe, die zum Haupteingang führt.

Wegen seiner stadtbildprägenden Eigenschaft und wegen seines dokumentarischen Wertes für von der Großstadt geprägte Bauweise auf dem Lande zur Zeit der Jahrhundertwende ist die Gesamtanlage aus geschichtlichen Gründen und zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes als Kulturdenkmal einzustufen. Ihre Erhaltung liegt im öffentlichen Interesse.

gez. von Rauch

Die Unterschutzstellung erfolgte am 28.05.1996 mit der Eintragung in die Denkmalliste der Freien und Hansestadt Hamburg.